Studie zur Identifikation von Mitgliedern mit ihrer Partei PART-ID

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Die Studie zur Identifikation von Mitgliedern mit ihrer Partei (PART-ID) ist ein wissenschaftliches Projekt des Instituts für Psychologie, Abteilung Sozialpsychologie, der Goethe-Universität Frankfurt.

 

Identifikation in Organisationen

Parteien und Identifikation

Fragestellungen in der Studie

Methode: Online-Fragebogen

Team

 

Identifikation in Organisationen

 

In dieser Studie geht es um die Identifikation von Mitgliedern mit ihrer Partei.
Die Identifikation, das Zugehörigkeitsgefühl, ist wichtig für jede Organisation, das gilt für Unternehmen und deren Mitarbeiter genauso wie für Verbände, Parteien und Kirchen in Bezug auf ihre Mitglieder, die Aktiven, hauptamtlich Beschäftigte und Interessenten und Sympathisanten. Jede Organisation – wir betrachten hier nur Parteien - wünscht sich, möglichst viele Mitglieder und Mitarbeiter zu haben, die sich in hohem Maße mit der Parte identifizieren. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass hohe Identifikation u.a. einen positiven Einfluss auf Arbeitsleistung und kooperatives Verhalten hat. Diese Untersuchungen wurden überwiegend in Unternehmen durchgeführt. Interessant ist auch die Frage, inwieweit sich diese Ergebnisse auf den ehrenamtlichen Bereich übertragen lassen. Es gibt aber auch Studien, die mögliche negative Folgen von hoher Identifikation aufzeigen: Mitarbeiter, die sich sehr stark mit dem Unternehmen identifizieren, neigen zu „Überidentifizierung“. Das führt dann zu „Scheuklappen-Denken“ und diese Menschen sind so unkritisch gegenüber dem Unternehmen, dass Fehler übersehen werden und so eine Weiterentwicklung schwierig ist, wenn der Status Quo glorifiziert wird. Mitarbeiter, die sich dagegen nicht mit dem Unternehmen identifizieren (Nicht-Identifikation), können auch positiv für die Organisation sein. Anstöße zu Veränderungen gehen nämlich oft von Unzufriedenen aus, die durch ihre kritische Haltung oft wertvolle Impulse geben, auch wenn sie vielleicht zunächst nicht gerne gesehen werden.
Es gibt also viele Gründe, sich den verschiedenen Aspekten von Identität zuzuwenden.  

 

Parteien und Identifikation

 

In der Forschung zur Identifikation sind vielfach Unternehmen untersucht worden. Auch Parteien und andere Gruppierungen mit gesellschaftlicher Ausrichtung standen im Fokus, allerdings selten im Hinblick auf ehrenamtliche Tätigkeit. Es wurden oft Sympathisanten untersucht oder die Identifikation in Zusammenhang mit Wahlentscheidungen betrachtet. Für Deutschland gibt es bis jetzt keine Untersuchung, die sich mit den verschiedenen Aspekten der Identifikation von Parteimitgliedern beschäftigt. Die Situation in den Parteien in Deutschland hat sich in den letzten Jahren verändert: In einigen Parteien gehen die Mitgliederzahlen deutlich zurück. Problematisch ist in allen Parteien, dass sich weniger  Mitglieder engagieren und für die „klassische“ Parteiarbeit engagieren. Oft zeigt sich auch bei der Kandidatenaufstellung zu Kommunalwahlen, dass es in einigen Untergliederungen schwierig ist, genug Parteimitglieder zu finden, die sich bereit erklären.

 

Fragestellungen in der Studie

 

Mit dieser Untersuchung soll in erster Linie ein erweitertes Modell der Identifikation mit Organisationen überprüft werden. In diesem Modell wird davon ausgegangen, dass es nicht nur Identifikation gibt bzw. nicht gibt, also dass Mitglieder sich nicht nur mehr oder weniger mit ihrer Partei identifizieren. Es gibt vielmehr mehrere Aspekte von Identifikation, die man getrennt voneinander betrachten kann, so z.B. auch ein ambivalentes Zugehörigkeitsgefühl oder einfach eine neutrale Einstellung. Diese einzelnen Aspekte sind bisher nicht in ehrenamtlichen Organisationen und somit auch nicht in Parteien untersucht worden. Neben dem Thema der Identifikation spielen in der Studie noch weitere Aspekte eine wichtige Rolle:

  1. Zunächst sind natürlich die Ergebnisse der einzelnen Parteien interessant, wir versuchen, Mitglieder aller im Bundestag vertretenen Parteien zur Mitarbeit zu motivieren.
  2. Im Juni findet die Europawahl statt und in sieben Bundesländern sind am gleichen Tag Kommunalwahlen. Die Parteimitglieder werden vor und nach dem Wahltag befragt werden. Bei der Auswertung werden die Art der Wahl, also Europawahl oder zusätzlich Kommunalwahl, das Wahlergebnis der Partei und unerwartete Wahlergebnisse (überraschende Verluste oder Gewinne) untersucht.
  3. Die Art des Engagements, also ob jemand ein Vorstandsamt hat oder in einer Vorfeldorganisation mitmacht, ist wie die Zeit, die die Mitglieder in die Parteiarbeit investieren, ein Aspekt, der im Zusammenhang mit der Identifikation untersucht wird.
  4. Die Mitgliederentwicklung ist in den Parteien sehr unterschiedlich. Einige Parteien feiern sich als die „einzige Partei mit Mitgliederzulauf“, andere müssen regelmäßig sinkende Mitgliederzahlen bekannt geben. Zu fragen ist, ob sich die Attraktivität einer Partei für Menschen, die sich neu einer Partei zuwenden, etwas mit der Identifikation der Mitglieder zu tun hat.
  5. Die Wahlkämpfe haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Im „Superwahljahr 2009“ haben einige Parteien eigene Social Communities gegründet wie TeAM Deutschland von der CDU oder die mitmacharena der FDP. In der Studie wird untersucht, inwieweit die Mitglieder diese neuen Möglichkeiten kennen und nutzen.
  6. Es gibt einige US-amerikanische Studien, die einen Zusammenhang zwischen einigen Persönlichkeitseigenschaften und politischer Richtung herausgefunden haben. Überprüft werden soll hier, ob diese Unterschiede zwischen den Mitgliedern unterschiedlicher Parteien auch bei der ganz anderen deutschen Parteienlandschaft existiert.

 

Methode: Online-Fragebogen

 

Die Untersuchung besteht aus einem Online-Fragebogen, der von den Parteimitgliedern einmal im Mai und einmal im Juni, also nach der Europawahl, ausgefüllt werden soll. Das Ausfüllen dauert jeweils etwa 15 Minuten. Die Daten werden absolut anonym erhoben. Es ist kein Rückschluss von Fragebogendaten auf einzelne Teilnehmer der Untersuchung möglich. Im Fragebogen werden neben Fragen zum Zugehörigkeitsgefühl zur eigenen Partei auch Fragen zu Art und Umfang der Parteiarbeit gestellt.

An der Studie teilnehmen kann jedes Mitglied einer der im Bundestag vertretenen Parteien. Mit Ihrer Teilnahme unterstützen Sie eine wissenschaftliche Studie, von der wir wichtige Ergebnisse für die Arbeit der Parteien erwarten.

 

Team

 

Die Studie wurde konzipiert von Prof. Dr. Rolf van Dick, Dr. Johannes Ullrich (beide Abteilung Sozialpsychologie am Institut für Psychologie der Goethe-Universität Frankfurt) und Maria-Christina Nimmerfroh (Abteilung Psychologische Methodenlehre, Evaluation und Forschungsmethodik). Die konkrete Planung und Durchführung der Studie übernimmt Maria-Christina Nimmerfroh. Sie ist neben ihrer Tätigkeit am Institut Lehrbeauftragte am Fachbereich Wirtschaft der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg und arbeitet seit vielen Jahren als Dozentin in der politischen Erwachsenenbildung.


Literatur



Die Literaturangaben beziehen sich auf wissenschaftliche Beiträge, die für die Konzeption der Studie genutzt werden. Wenn Sie als Parteimitglied, politisch Interessierter oder Journalist mehr über die Themen der Studie erfahren wollen, stellen wir Ihnen gerne eine eigene Literaturliste zusammen. (Kontakt)

Bassili, John N. (1995). On the psychological reality of party identification: Evidence from the accessibility of voting intentions and of partisan feelings. Political Behavior. Vol 17(4) Dec 1995, 339-358.
Biehl, H., Heinrich, R., Lübker, M. (2002). Parteimitglieder im Vergleich: Partizipation und Repräsentation. Kurzfassung des Abschlussberichts zum gleichnamigen DFG-Projekt. Potsdam: Universität Potsdam, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät.
Böhm, S. (2008). Organisationale Identifikation als Voraussetzung für eine erfolgreiche Unternehmensentwicklung. Berlin: Springer
Carney, D. R., Jost, J. T., Gosling, S. D. & Potter, J. (2008). The secret lives of liberals and conservatives: personality profiles, interaction styles, and the things they leave behind. Political Psychology. 29 (6), 807-840.
Kreiner, G. E., & Ashforth, B. E. (2004). Evidence toward an expanded model of organizational identification. Journal of Organizational Behavior, 25: 1-27
Schupp, J. & Gerlitz, J.-Y. (2008). BFI-S: Big Five Inventory-SOEP. In A. Glöckner-Rist (Hrsg.). Zusammenstellung sozialwissenschaftlicher Items und Skalen. ZIS Version 12.00. Bonn:GESIS.
Wiesendahl, E. (2006). Mitgliederparteien am Ende? Wiesbaden: VS Verlag.
Zick, A. (2002). Wenn alle tatsächlich in einem Boot sitzen – Eine Studie zur Identifikation mit Kindern im Kontext einer erlebnispädagogischen Gruppenerfahrung. Gruppendynamik und Organisationsberatung, 33 (2).